ich möchte wieder auf das Addon "Firetray" selbst zurückkommen.
Ich habe mir die Änderungen im Fork "firetray-updates/FireTray" angesehen. Gegenüber dem "offiziellen" Addon gibt es lediglich minimale Änderungen (korrigierte Texte, neue Übersetzungen, Korrektur kleiner Syntaxfehler im alten Code).
Es gibt nur zwei Änderungen, die wirklich von Bedeutung sind:
- Der Import der abgekündigten Hilfsklasse "Components.utils" wurde in allen Dateien gegen die neuen "ChromeUtils" ausgetauscht.
- In der RDF-Datei wurde die unterstützte Thunderbird-Version auf 60.* erweitert.
Der Fork setzt ebenso wie das Original-Addon die API "XUL" und "js-ctypes" ein; beide sind bereits seit Jahren als "deprecated" markiert. "XUL" wird nur für den Setup-Dialog benötigt, dieser liesse sich relativ leicht mit der neuen WebExtensions-API ablösen. Für die Anzeige des Icons in der Statusleiste jedoch wird "js-ctypes" benötigt, um MS Windows bzw. GTK (Linux) API-Funktionen aufzurufen. WebExtensions API lässt dies generell nicht zu und bietet auch keine andere Möglichkeit, die Statusleiste des Betriebssystems zu verwenden.
Aus dieser Analyse leite ich drei Dinge ab:
- Die von nojadrik in Post #2 geäußerten Sicherheitsbedenken sind bei heutigem Code-Stand unnötig, solange wir davon ausgehen, dass das Original-Addon vertrauenswürdig ist.
- Solange die XUL- und js-ctypes-Unterstützung nicht tatsächlich aus Thunderbird entfernt wird, kann dieses Addon am Leben gehalten werden; es müsste ausreichen, einfach in der RDF-Datei die unterstützten Versionsnummern zu erweitern.
- Leider ist über kurz oder lang damit zu rechnen, dass XUL und js-ctypes aus Thunderbird entfernt werden; beide API sind seit Jahren als "deprecated" markiert und sind in Firefox Quantum bereits heute für Addons nicht mehr verfügbar (obwohl einige Firefox-Module m. W. intern immer noch XUL verwenden). Damit sind Tools wie Firetray Geschichte, da die WebExtensions-API Stand heute keinerlei adäquate Schnittstelle bietet. Diejenigen, die ein Tool wie Firetray benötigen, sollten sich also so schnell wie möglich umsehen.
Für mich habe ich zumindest unter Linux in Verbindung mit IMAP einen brauchbaren Ersatz mit Hilfe des Programms "mailnag" gefunden (https://github.com/pulb/mailnag, je nach verwendetem Desktop ist noch ein Plugin für den Desktop nötig):
- Ein Statusleisten-Symbol zeigt mir wie bei Firetray an, wenn neue Mails eintreffen.
- Durch einen Klick auf das Symbol öffnet sich Thunderbird (und wird nötigenfalls gestartet).
- Nachteile gegenüber einer echten Integration in Thunderbird:
- Die Verbindungsdaten auf die Mailkonten müssen in Mailnag nochmals konfiguriert werden.
- Die Benachrichtigungen verschwinden aus Mailnag nur, wenn die Mails tatsächlich auf "gelesen" gesetzt werden oder im Mailnag-Icon bestätigt werden. Umständlicher als mit Firetray aber akzeptabel.
Zu der an den Mozilla-Entwicklern oder an "Opensource" geäußerten Kritik möchte ich noch kurz Stellung nehmen:
- Ich selbst habe mich auch furchtbar geärgert, als plötzlich Addons, die mir im Laufe der Jahre sehr wichtig geworden sind (z. B. "DownThemAll", auch "Firetray") nicht mehr funktionierten.
- Allerdings kann ich, da ich selbst Software-Entwickler bin, die Entscheidung der Mozilla-Entwickler sehr gut nachvollziehen. Im Laufe der Jahre ist ein Wildwuchs an APIs entstanden, der praktisch nicht mehr wartbar war. Auch für Addon-Entwickler war die Vielzahl an Funktionen unüberschaubar. Das Problem bei einer so großen Anzahl an Schnittstellen ist nicht nur die Wartung der Schnittstellen selbst, sondern diese sind auch Hemmnisse für die Weiterentwicklung des Produkts, da bei jeder Änderung geprüft werden muss, ob die Änderung nicht irgendeine der vielen Schnittstellen stört.
- Meine Hoffnung als Anwender ist, dass diese Entscheidung auf die Dauer zu besseren Produkten führt. Z. B. finde ich, dass (abgesehen von den derzeitigen Einschränkungen bei der Addon-Unterstützung) der Bruch dem Firefox gut getan hat - die aktuelle Version ist bereits deutlich schneller und stabiler, mit besserer Unterstützung aktueller Standards . Hoffentlich entwickelt sich auch Thunderbird in dieser Weise.
- Eine solche Entscheidung als "Problem von OpenSource" zu bezeichnen, ist natürlich unsinnig und ignoriert die Realität völlig. Bei "closed source" / kostenpflichtigen Applikationen ist dies Alltag. Wer hat nicht schon einmal neue Versionen seiner Programme kaufen müssen (sofern überhaupt erhältlich!), nur weil diese Programme auf einer neuen Windows-Version oder nach einem iOS-Update des iPhones nicht mehr funktionierten?